Selbständig, Scheinselbständig oder arbeitnehmerähnlicher Selbständiger?

 

 

Mit diesem Thema sind Existenzgründer wie auch bereits am Markt etablierte Unternehmer konfrontiert. Von der Seite des Auftraggebers wie auch von der Seite des Auftragnehmers. Da dieses Thema kein Phänomen ist sondern sehr verbreitet bin ich auf einige Aspekte, die immer wieder nachgefragt werden, hier näher eingegangen.

 

 

 

 

 

1.)   Definition Selbständig, Scheinselbständig und arbeitnehmerähnlicher Selbständigke

2.)   Welche Vorteile verspricht sich der „Auftraggeber“ davon?

3.)   Warum gehen Selbstständige ein solches Vertragsverhältnis ein?

4.)   Welche Folgen hat dies für andere Selbstständige?

 

Fazit

 

          1.)   Definition Selbständig, Scheinselbständig und arbeitnehmerähnlicher Selbständigkeit

 

Im Handelsgesetzbuch wird als selbständig bezeichnet jemand der seine Tätigkeit frei gestalten und seine Arbeitszeit selbst bestimmen kann.

Es gibt verschiedenen Anhaltspunkte die beschreiben ob jemand selbständig ist;

  • die Leistung wird im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erbracht oder der
  • Kauf oder Verkauf von Waren, legt den Preis seiner Waren oder Dienstleistungen fest und bestimmt auch selbst über die Einstellung von Personal.

   Der Begriff Scheinselbstsändigkeit kommt aus dem Sozialversicherungsrecht.

Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Rechtsprechung dargelegt, dass ein Erwerbstätiger dann als Arbeitnehmer anzusehen ist, wenn er

  • weisungsgebunden
  • vertraglich geschuldete Leistung
  • im Rahmen einer Arbeitsorganisation erbringt, die sein Vertragspartner bestimmt.

Entscheidend ist dabei nicht die vertragliche Formulierung sondern die tatsächlichen Art und Weise der Vertragserfüllung.

Als Merkmale einer Scheinselbständigkeit gelten u. a. :

  • ist gegenüber dem beauftragten Unternehmen weisungsgebunden – und zwar zeitlich, fachlich und örtlich;
  • hat keine Unternehmerinitiative bzw. kein Unternehmerrisiko;
  • ist auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig;
  • beschäftigt im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit keine Arbeitnehmer, dessen Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungverhältnis regelmäßig 450 Euro im Monat übersteigt.
     Darüber hinaus können auch noch folgende Merkmale hinzugezogen werden:
  • der Auftragnehmer wird in den betrieblichen Ablauf des Auftraggebers einbezogen,
  • es wird ein festes Entgelt vereinbart und gezahlt,
  • es gibt einen Anspruch auf Urlaub mit Fortzahlung eines Entgelts.
  • der Auftraggeber bestimmt den Arbeitsumfang,
  • der Auftraggeber lässt Arbeiten verrichten, die regelmäßig von bei ihm beschäftigten Arbeitnehmern durchgeführt werden,
  • die Tätigkeit lässt keine typischen Merkmale von einem unternehmerischen Handel erkennen.

Aber eines ist hier sehr wichtig. Entscheidend ist das Gesamtbild. Allein das Vorliegen einzelner Merkmale führen

nicht automatisch zu einer Bejahung der Scheinselbständigkeit.

 

 Beachtet werden muss auch, dass formale Indizien wie eine Gewerbeanmeldung oder Handelsregisteranmeldung keine

 entscheidende Kriterien bei der Prüfung der Scheinselbständigkeit sind. Sie spielen keine Rolle.

 

 Arbeitnehmerähnliche Selbständige sind als „echte Selbständige“ anzusehen. Sie unterliegen aber der 

 Rentenversicherungspflicht.

 

 Als Kriterien für diesen Status gelten:

  • beschäftigt keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer, deren Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig mehr als 450 Euro beträgt und
  • er ist auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig.

      Hier gilt eine Wesentlichkeitsgrenze von fünf Sechsteln. Von einer Dauerhaftigkeit wird ausgegangen, wenn die  

      Tätigkeit den Rahmen eines Dauerauftragsverhältnisses hat oder regelmäßig wiederkehrende Aufträge umfasst.

    

 Zu beachten ist aber: ein Projekt – hier eine im Voraus begrenzte vorübergehende Tätigkeit für eine Auftraggeber – 

 ist nicht dauerhaft, wenn sie auf ein Jahr begrenzt ist. Ausnahmen bestätigen die Regel, dadurch sollen 

 Berufsgruppen wie beratende Architekten und Ingenieuren entgegengekommen werden, da hier Projektzeiten auch,

 über ein Jahr hinausgehen können.

 

 Für Existenzgründer gibt es hier eine dreijährige Befreiungsmöglichkeit.

 

 

2.) Welche Vorteile verspricht sich der Auftraggeber davon?

 

Nun aus meiner Berufspraxis ist mir bekannt, dass als erstes Argument die Einsparung der Lohnnebenkosten in den Ring geworfen wird. Wenn der Mandant dann erfährt, dass er diese „Einsparung“ spätestens in vier Jahren mit Zuschlägen nachzahlen muss, nämlich dann wenn die Prüfung der Sozialversicherung ansteht, dann zeigt sich mancher einsichtig, andere nicht und wieder andere haben die Idee die Honorare für diese „Auftragnehmer“ in der Buchhaltung zu kaschieren und wieder andere versuchen dann diese „Vertragsverhältnisse“ so darzustellen, dass der „Auftragnehmer“  dann als arbeitnehmerähnlicher Selbständiger erscheint.

 

Mir ist auch ein Fall bekannt, wo jemand eine UG gegründet hat, einziger Angestellter er als geschäftsführender Gesellschafter und alle „Beschäftigten“ waren „Auftragnehmer“. So hat er die Prüfung der Sozialversicherung völlig umgangen.

 

Doch es gibt noch andere Argumente die ebenfalls genannt werden. Mancher will so Druck auf seine Angestellten ausüben; frei nach dem Motto „Jeder ist ersetzbar“ oder „Mit Selbständigen spare ich Kosten und sie müssen sich meinen Anweisungen unterwerfen.“. Andere haben eher den Kündigungsschutz im Auge und wollen so erreichen, dass ihre Mitarbeiterzahl unter zehn bleibe. Doch darüber hinaus gibt es auch Auftraggeber die von ihrer Persönlichkeit her nicht mit Dritten auf Augenhöhe zusammenarbeiten können, Sie können Arbeit nicht delegieren, es ist ihnen nicht möglich eine Dienstleistung einzukaufen.

 

 

3.) Warum gehen Selbständige ein solches Vertragsverhältnis ein?

 

Dies ist meist begründet in der persönlichen Situation in der sich der Selbständige befindet. So habe ich auch von dieser Seite verschiedene Antworten erhalten, wenn ich fragte warum sich ein Mandant in eine solche Situation begeben will;

  • der Mandat ist Existenzgründer und froh einen Auftraggeber gefunden zu haben,
  • oder er verfügt über hohe fachliche Kompetenz, kann aber seine Dienstleistung nicht verkaufen und nimmt daher diese Art von Aufträgen an um Einnahmen zu erzielen;
  • der Selbständige hat einen Liquiditätsengpass,
  • normalerweise sucht er einen Job wird aber im Bewerbungsgespräch dazu gedrängt als Selbständiger im Unternehmen zu arbeiten. 

Vielleicht gibt es auch den Einen oder Anderen der darauf spekuliert, dass bei der Prüfung durch die 

Sozialversicherung seine Scheinselbständigkeit aufgedeckt wird und er dann als Arbeitnehmer anzusehen ist.

 

Doch hier sollte einiges beachtet werden. Der Auftraggeber wird nicht eben mal so einen Arbeitsvertrag aus der Tasche ziehen und den bis dahin auf Honorarbasis bei ihm Arbeitenden anstellen. Um dies zu erreichen führt der Weg i. d. R. am Arbeitsgericht nicht vorbei. Doch das Arbeitsgericht muss den Argumenten der Sozialversicherung nicht folgen. Und trägt sich der Auftragnehmer auch mit dem Gedanken doch auch weiterhin selbständig zu sein; wird er mit seinem Gang zu Arbeitsgericht seinen Namen in der Branche verbrennen. Die Praxis zeigt es immer wieder, alles spricht sich rum.

 

 

4.) Welche Folgen hat dies für andere Selbständige?

 

Es gibt einige Folgen für andere Selbständige.

 

Um von seinem Unternehmen leben zu können müssen die Kosten gedeckt sein, die Bildung von Rücklagen ermöglicht werden sowie ein Unternehmerlohn erzielt werden. Dies alles fließt in die Preiskalkulation ein. Dieser Preis steht dann einem anderen Preis gegenüber, dem Marktpreis. Und hier kommt die Scheinselbständigkeit zum Tragen. Generell liegen die Honorare die Auftraggeber ihren sogenannten Auftragnehmer zahlen ein wenig höher als die Gehälter die sie ihren Angestellten zahlen doch in den wenigsten Fällen decken sie die tatsächlichen Kosten die schon im Rahmen der sozialen Absicherung entstehen, geschweige denn alle zusätzlichen Kosten. Doch diese Honorare sind in den Branchen bekannt und ersetzen nicht selten den eigentlichen Marktpreis.

 

Wenn nun ein Selbständiger in Vertragsverhandlungen geht geschieht es nicht selten, dass er auf erheblichen Widerstand trifft sobald es zu der Honorarfrage kommt. Natürlich wird gerade hier immer verhandelt, das ist normal, doch wenn dann als Argument angeführt wird, dass in der Branche aber andere Honorare üblich sind wird die Erzielung eines reellen Honorars sehr schwierig.

 

Eine weitere Folge ist, dass eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe sich zunehmend schwieriger gestaltet. Der Auftraggeber ist es gewöhnt ständig alles kontrollieren zu können, Anweisungen zu geben oder geht gar davon aus, dass der Auftragnehmer ihm ständig zur Verfügung stehen muss.

 

 

Fazit

 

Scheinselbständigkeit ist keine Randerscheinung. Bei den Betriebsprüfungen durch die Sozialversicherung wurde bei einem Drittel aller Statusfeststellungsverfahren eine Sozialversicherungspflicht festgestellt.

 

Nach meiner Erfahrungen prüft die Sozialversicherung zunehmend nicht mehr nur die Lohnunterlagen und die Konten in der Buchhaltung welche mit Fremdarbeit in Verbindung gebracht werden können sondern auch die gesamte Buchhaltung. Sollte also der Auftraggeber auf die Idee kommen, die „Fremdarbeit“ irgendwie kaschieren zu wollen, kann das sehr unglücklich für ihn laufen. Hier wäre dann schon Anzeichen von Vorsatz ersichtlich. Weiterhin, nicht nur die Sozialversicherung kann entsprechende Prüfungen vornehmen auch das Finanzamt und die Krankenkassen.

 

Neben den Nachzahlungen der Sozialversicherungsbeiträge kommen dann auch noch die Nachzahlungen für die Lohnsteuer hinzu und eventuell auch die Erstattung für die fälschlicherweise zuviel angemeldeten Vorsteuer.

 

Sollte festgestellt werden, dass es sich bei dem Auftragnehmer um einen arbeitnehmerähnlichen Selbständigen handelt muss dieser für die vergangenen vier Jahre die gesamten Rentenversicherungsbeiträge nachzahlen.

 

Für Auftraggeber ist das Risiko sehr hoch das solche „Beschäftigungsverhältnisse“ aufgedeckt werden. Genauso für den Auftragnehmer, auch wenn man zunächst annehmen kann, dass er in einer besseren Situation ist als der Auftraggeber da er nunmehr als Arbeitnehmer gilt. Aber wie schon ausgeführt, zwischen Theorie und Praxis ist ein großer Unterschied. Meistens zahlt der Auftragnehmer genauso dafür. Entweder ist er seinen Auftrag los oder er beteiligt sich an den Kosten um den Auftrag zu behalten oder versucht die Scheinselbständigkeit im Nachhinein so aussehen zu lassen, dass er als arbeitnehmerähnlicher Selbständiger anerkannt wird und zahlt die Rentenversicherungsbeiträge nach.

 

Als Selbständiger solltest du diesen Weg möglichst nicht gehen. Du befindest dich in einem sehr starken Abhängigkeitsverhältnis, du kannst nicht das umsetzen was du eigentlich wolltest als du dich selbständig gemacht hast. Und neben dem Risiko der Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen musst du dir auch darüber im Klaren sein, dass deine Existenz bei einer solchen Konstellation auf sehr wackligen Füssen steht. Sollte der Auftraggeber sein Unternehmen aufgeben oder er in Zahlungsschwierigkeiten kommen oder gar in Insolvenz gehen, stehst du mit leeren Händen da. Du hast keine anderen Auftraggeber die hier einen Ausgleich schaffen.

 

Und wenn du doch neu durchstartest und neu beginnst, dann hat deine Tätigkeit als Scheinselbständiger dazu beigetragen, dass du, wie alle anderen, Schwierigkeiten haben wirst einen reellen Preis für deine Arbeit zu erzielen. Als Folge davon, brauchst du mehr Aufträge doch dies hat wiederum zur Folge, dass du länger arbeiten musst um eine gute Qualität zu liefern und als Folge davon hast du keine Auszeit, dein Familienleben leidet was wiederum zurückwirkt auf dich und deine Unternehmerpersönlichkeit, welche den entscheidenden Einfluss auf deine Arbeit sowie das Erscheinungsbild deines Unternehmens hat.

 

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