Wie verhalte ich mich in Liquidtätsschwierigkeiten

 

 

Vorgestern rief mich ein Mandant an und am Ende des Gesprächs erzählte er mir von einer Diskussion die er mit einem seiner Kunden führte.

 

Er hatte ihn angerufen um ihn an die Bezahlung seiner Rechnung zu erinnern, welche er im übrigen auch schon angemahnt hatte. Die Antwort war folgende: "Ich habe ihre Rechnung gar nicht erhalten, da ich aufgrund der Coronakrise nicht mehr ins Büro fahre." Mein Mandant erwiderte: "Sie wollen mir ersthaft sagen, dass sie seit einem Monat nicht mehr den Briefkasten ihrer Firma geleert haben?" der Kunde antwortete: "Nun ja, Sie wissen ja das wir als Reisebüro seit April keine Einnahmen mehr haben." Mein Mandat antwortete: "Nun meine Rechnung ist von März und da hatten Sie noch Einnahmen." Danach sicherte der Kunde ihm zu die Rechnung zu begleichen.

 

Meinen Mandanten regte nicht auf, dass die Rechnung nicht beglichen wurde - ja das ist ärgerlich - was ihn aufregte war das geringschätzige und in diesen Zeiten unsolidarische Verhalten. Er sagte mir, warum hat der Kunde nicht angerufen und um eine Stundung gebeten oder eine Ratenzahlung vereinbart?

 

Ich gebe ihm Recht. Gerade jetzt wo vielen Selbständigen Aufträge storniert oder auf spätere Zeiten verschoben werden muss mit jedem Cent gerechnet werden. Zahlungsausfälle werden ohnehin schon in der Liquditätsplanung mit einkalkuliert. Aber zusätzliche Ausfälle sollte angekündigt werden. Diese müssen ja irgendwie gegenfinanziert werden.

 

Versetzt dich mal in seine Lage. Ausgaben im betrieblichen Sektor wie auch im privaten müssen beglichen werden und deine Leistung wird einfach nicht bezahlt. Dabei ist das auch im normalen Geschäftsleben möglich, dass du eine oder mehrere Rechnungen nicht bezahlen kannst zu ihrem Fälligkeitsdatum. Einer deiner großen Kunden meldet Insolvenz an oder er verlängert seinen Vertrag nicht. Was dann? Deine Geschäftsbeziehungen hast du dir über Jahre aufgebaut. Dies hat auch Zeit und Energie gekostet. Eine gute Geschäftsbeziehung fällt nicht so vom Himmel. Du möchtest diese also auch weiterhin behalten. Also musst du auch solidarisch mit deinem Geschäftspartner sein.

 

Was heißt das? Ruf ihn an. Schildere ihm deine Lage, gerade in der jetzigen Krise wirst du auf offene Ohren stoßen. Sag ihm, dass du ihn nicht als Geschäftspartner verlieren willst - dies sendet schon eine Botschaft der Wertschätzung an ihn - und schlage ihm von dir aus eine Stundung der kompletten Forderung unter Leistung eines deklatorischen Schuldanerkenntnisses vor oder eine Ratenzahlungsvereinbarung. Mit diesem Angebot holtst du deinen Geschäftspartner aus einer peinlichen  Lage. Wenn du ihn nur anrufst und sagst, dass du im Moment nicht zahlen kannst und Punkt schiebst du den Schwarzen Peter an ihn. Er kennt nicht deine konkrete Situation, fordert er zuviel könnte es eure Geschäftsbeziehung beeinträchtigen fordert er zu wenig könnte es den Wert seiner Leistung in deinen Augen herabsetzten. Also nimm ihn diese Entscheidung ab. Am besten du bereitest beide Optionen vor.

 

Warum ein deklatorisches Schuldanerkenntnis? Es gibt zwei Arten von Schuldanerkenntnissen; zum einen das abstrakte oder auch konsitutive und dann eben das deklatorische Schuldanerkenntnis. Ein abstraktes Schuldanerkenntnis begründet eine neue Verbindlichkeit. Schlicht gesagt es ist von der erbrachten Leistung unabhängig. Wenn diese also nicht erbracht oder nicht vollständig erbracht oder fehlerhaft wahr muss die Forderung davon unabhängig gezahlt werden. Es ist eine Verbindlichkeit neben der urspünglichen Schuld. Im Ernstfall könnte es also dazu kommen, dass man die Forderung aus dem eigentlichen Vertrag bezahlt und dann aber noch die aus dem abstrakten Schuldanerkenntnis. Daher sollte hier nur - wie unter wirlichen Kaufleuten üblich - das deklatorische Schuldanerkenntnis angewendet werden.

 

Der Vorteil für den Schuldner ist klar der für den Gläubiger besteht darin, dass der Schuldner in dem Schuldanerkenntnis die Forderung des Gläubigers anerkennt und erklärt, dass diese berechtigt ist. Also er kann nicht im Nachhin kommen und sagen die Lieferung war nicht vollständig oder das Büro war nicht richtig gereinigt um die Höhe der Forderung zu senken. Dies gibt den Gläubiger Sicherheit über die Höhe der Forderung die ihm zusteht. Ein solches Schuldanerkenntnis sollte dann gleich mit einer Stundungsvereinbarung gekoppelt sein. Es ist auch möglich und durchaus üblich dieses mit einer Ratenzahlungsvereinbarung zu verbinden.

 

Noch eines. Ein Schuldanerkenntnis ist rechtsverbindlich, ohne notarielle Bestätigung ist es kein vollstreckbarer Titel erleichtert aber die Durchsetzung des Anspruchs vor Gericht. Doch dazu sollte es nicht kommen. Und i. d. R. wird bei einer langjährigen guten Geschäftsbeziehung dein Geschäftspartner das Schuldanerkenntnis ablehnen, doch schon das Angebot ist eine Form der Höflichkeit und Wertschätzung die gerade jetzt gewahrt werden sollte.

 

Denke daran, gerade in schwierigen Zeiten ist Kommunikation sehr wichtig. Gehen wir zu meinem Mandanten zurück. Was könnte in der zukünftigen Zusammenarbeit seine Reaktion auf das Verhalten seines Kunden sein? Nun ja, er könnte Sonderwünsche ablehnen oder zeitlich verschieben oder aber und daran sollte man gerade jetzt denken, ihn als Kunden kündigen. Ja, ich höre gerade "Nein, alle sind froh Kunden zu haben!". Aha! Diese Aussage kann man auch von der anderen Seite betrachten. Unternehmen brechen weg weil sie schlichtweg nicht mehr existieren werden. Es gibt eine Aussage dafür; der Markt wird bereinigt. Dies betrifft die Nachfrage wie die auch Angebotsseite. Also wenn das Angebot nicht mehr in der Quantität da ist wie vor der Krise verändern sich die Preise wie auch die Zahl der potentiellen Geschäftspartnern.

 

Ich bin gerade selbst dabei Mandanten zu helfen sich neu aufzustellen. Dabei spielt natürlich auch die Konkurrenz eine Rolle. Heißt; wieviel sind in Schwierigkeiten, wieviele werden schließen oder sich verkleinern, welches sind ihre Kunden, welche Nische bieten sie an. Wenn dies in der Überarbeitung des Unternehmenskonzepts mit aufgenommen wird, dann ist der Mandant nach der Krise in der Lage mehrere Nischen zu bedienen, was zur Folge hat, dass er mehr Kunden ansprechen kann. Und warum sollte er dann einen Kunden behalten, der sich so völlig unsolidarisch und wenig wertschätzend ihm gegenüber verhalten hat? Für mich gibt es da keine Grund.

 

Und bedenke, in einer Branche spricht sich alles rum. Es ist durchaus üblich, dass sich Unternehmen einer Branche über andere Untenehmen austauschen, wenn sie eine Nachfrage erhalten und das Unternehmen nicht kennen. Dies schließt auch das Zahlungsverhalten ein.

 

Versetz dich nun in die Lage des Reisebüros aus unserer Geschichte. Wenn mein Mandant dir kündigt musst du dir einen neuen Geschäftspartner suchen. Nun die Preise werden sich geändert haben, entweder wegen der Bereinigung des Marktes oder da sich die Kosten erhöht haben durch ausgesetzte Kreditraten o. a. Dann gibt es noch den anderen Aspekt, du musst jemanden finden der deinen Anforderungen entspricht und wenn du zurückdenkst, wie lange hat es gebraucht deinen bisherigen Geschäftspartner zu finden und eine Beziehung aufzubauen die auch über den "kurzen Weg" funktioniert hat? Wieviele Verträge musstest du eingehen und dann wieder kündigen? Schon für die Anbahung neuer Geschäftsbeziehungen enstehen Kosten, der Name dafür: Transaktionskosten es ante. Und die hast du in deinen Neustart nicht unbedingt mit einkalkuliert. Abgesehen von den Transaktionskosten ex post.

 

Also lade dir nicht noch unnötige Kosten auf, verschwende nicht unnötig Zeit. Beides wirst du bei deinem Neustart nicht im Überfluss haben. Und denk dran, es ist so einfach dies zu vermeiden. Ein Anruf zur rechten Zeit! Das ist alles.

 

 

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